EZB setzt weiter auf Niedrigzinsen

Der Präsident der europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi hat nach der Sitzung des EZB-Rates am 22. Januar 2015 verkündet, dass die Notenbank ein massives Aufkaufprogramm von Staatsanleihen und Anleihen privater Unternehmen auflegt. Die EZB will damit das Wirtschaftswachstum fördern und die Inflation in die Nähe der offiziellen Richtmarke von knapp unter 2 Prozent pro Jahr bringen. Derzeit pendelt die Inflation in der Eurozone um die Nulllinie. Da traditionelle Instrumente der Notenbanken wie Leitzinssenkungen nahezu ausgeschöpft sind, greift die EZB nun zu anderen Mitteln: Sie will die Märkte mit Geld fluten, um so die Kreditvergabe in der Eurozone anzukurbeln und die Wirtschaft auf Kurs zu bringen.

Die Höhe des Ankaufprogramms wurde mit 60 Milliarden Euro pro Monat angekündigt. Die EZB hat sich mit dieser Maßnahme wohl die amerikanische Notenbank FED zum Vorbild genommen. Seit November 2008 kauft die FED amerikanische Anleihen in Höhe von bis zu 85 Milliarden USD pro Monat.

Bereits nach der EZB-Ratssitzung am 4. September 2014 hat die Zentralbank gewichtige Schritte zur Abwehr von deflationären Tendenzen verkündet. Der Leitzins, also der Zinssatz zu dem sich Banken bei der Zentralbank Geld ausleihen können, wurde auf den neuen Rekordtiefstand von 0,05 Prozent gesenkt. Gleichzeitig hat Draghi den Zinssatz, zu dem Banken Geld bei der EZB parken können, weiter auf minus 0,2 Prozent herabgesetzt. Die Banken bekommen für ihre Guthaben also keine Verzinsung mehr, sondern müssen für die sichere Geldverwahrung bei der EZB bezahlen. Eingeführt hatte die EZB die Negativzinsen bereits in ihrer Ratssitzung im Juni 2014. Damals stieg sie mit einem Strafzins von minus 0,1 Prozent ein.

Warum macht die EZB das? Sie will die Banken dazu animieren, mehr Geld in Umlauf zu bringen und Kredite an Privatkunden und Unternehmen zu vergeben. Diese Maßnahme zielt vor allem auf den europäischen Süden und Frankreich, also auf die Länder, deren Wirtschaft auch wegen einer lahmenden Kreditvergabe nicht richtig rund läuft. Ob das Konzept der Minuszinsen und Anleihekäufe tatsächlich Wirkung zeigt, wird man aber erst in den nächsten Monaten sehen.

Für Deutschland sind die Maßnahmen der EZB nicht nötig. Denn hierzulande läuft die Konjunktur ordentlich: Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im Jahresdurchschnitt 2014 um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu und lag damit über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre von 1,2 Prozent. Während sich der deutsche Finanzminister über die niedrigen Zinsen freuen und den Bundeshaushalt billiger finanzieren kann, leiden aber die Sparer unter der extrem niedrigen Verzinsung ihrer Bankguthaben und ihrer Altersvorsorge-Verträge wie Lebensversicherungen.

Immer mehr enttäuschte Anleger kaufen deswegen Immobilien  einerseits mit Eigenkapital, aber auch unterstützt durch extrem niedrige Hypothekenzinsen. Das treibt die Preise für Immobilien in die Höhe. Solange die EZB die Geldpolitik weiter lockert, könnte sich dieser Trend weiter verstärken und in einigen Jahren zu Verlusten bei denjenigen führen, die zuletzt in den Markt eingestiegen sind. Denn wenn die Immobilienpreise wieder nachgeben, verlieren sie Geld.

EZB-Präsident Draghi will aber nicht nur die Kreditvergabe im Euroraum beleben. Er hat auch den Wechselkurs des Euro im Blick. Der Euro hat sich trotz Staatsschuldenkrise gegenüber dem Dollar in den vergangenen Jahren recht stabil gehalten. Erst in den letzten Monaten hat er deutlich nachgegeben: Von Juni 2014 bis Januar 2015 sank die Gemeinschaftswährung von 1,36 Dollar auf 1,16 Dollar. Das bedeutet, dass Waren europäischer Exporteure auf dem Weltmarkt billiger werden. Das freut vor allem die Exportindustrien der weniger wettbewerbsfähigen Länder. Frankreich, Italien und andere Südstaaten üben deshalb großen Druck auf die EZB aus, den Euro zu schwächen.

Wir gehen davon aus, dass die EZB auch in den kommenden Monaten versuchen wird, durch eine Kombination aus weiteren konkreten Maßnahmen und aggressiver Rhetorik den Eurokurs schwach zu halten.

Das sind die Auswirkungen auf die Bauzinsen

Für die Baugeldzinsen stehen daher die Zeichen weiterhin auf Abwärtsbewegung. Die Ankündigungen der zurückliegenden Monate wurden am Anleihemarkt teilweise schon vorweggenommen und hatten in den vergangenen Wochen und Monaten bereits für niedrigere Baugeldzinsen gesorgt. So fiel beispielsweise die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen im August 2014 erstmals in der Geschichte unter den Wert von 1 Prozent pro Jahr, Anfang Januar 2015 gar unter 0,5 Prozent pro Jahr. Das niedrige Niveau wird noch Monate erhalten bleiben.

Für Immobilienkäfer sind daher vor allem Laufzeiten über zehn Jahre sinnvoll, um sich die Zinsen auf diesem historisch niedrigen Niveau möglichst langfristig zu sichern. Gefragt sind auch sogenannte Volltilgerdarlehen, die einen durchgehenden Zinssatz bis zur endgültigen Rückzahlung bieten. Die höhere festgelegte Tilgung fährt dabei noch einmal zu Konditionsvorteilen gegenüber einem normalen Tilgungsdarlehen.

Zinsen möglichst lange festschreiben

Die einst gängige Praxis, Zinsen für maximal fünf bis zehn Jahre festzuschreiben, ist im aktuellen Zinsumfeld meist falsch. Die Konditionen für langfristige Darlehensverträge sind weiterhin günstig, und der geringe Aufschlag macht die Entscheidung für eine langfristige Zinsbindung noch leichter. Zudem muss man davon ausgehen, dass das Zinsniveau in den kommenden Jahren wahrscheinlich eher steigen als zurückgehen wird. Bei einer Zinsbindung von lediglich zehn Jahren riskieren Darlehensnehmer somit, dass sich ihre Kreditkosten verteuern.

Doch selbst wenn das künftige Zinsniveau entgegen allen Erwartungen niedriger sein sollte als heute, gehen Sie mit einer langfristigen Lösung kein Risiko ein. Denn bei einer Zinsbindungsfrist von mehr als zehn Jahren ist man genauso flexibel wie bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung. Nach zehn Jahren Vertragslaufzeit hat nämlich jeder Darlehensnehmer in Deutschland das Recht, seinen Kredit mit einer Frist von sechs Monaten ganz oder teilweise zurückzubezahlen.

Das heißt für Bauherren und Immobilienkäufer, dass sie durch lange Zinsbindungen für Sicherheit sorgen sollten. Über Volltilgerdarlehen können sie gegenüber den ohnehin schon niedrigen Konditionen noch weiter sparen und den Kredit in 20 bis 25 Jahren vollständig zurückzahlen. Eine Tilgung von 2 Prozent ist auf jeden Fall zu empfehlen, um in einem überschaubaren Zeitrahmen entschuldet zu sein. Alles Wissenswerte zur Baufinanzierung bei Niedrigzinsen lesen Sie in unserem Ratgeber.

Günstige Anschlussfinanzierung sichern

Für Verbraucher, deren Zinsbindungsfrist in nächster Zeit ausläuft, sind sogenannte Forward-Darlehen interessant. Damit kann der Kunde die Zinsen für das umgeschuldete Darlehen bereits jetzt für bis zu 36 Monate im Voraus festlegen. Die Zinsaufschläge sind nicht hoch, sicherheitsorientierte Kunden sollten diese Möglichkeit nutzen. Darlehensverlängerungen, die innerhalb der nächsten zwölf Monate anstehen, lassen sich meist sogar nahe den Topkonditionen absichern. Vergleichen Sie Angebote zur Verlängerung des Darlehens Ihrer bisherigen Bank unbedingt mit den Angeboten anderer Anbieter, um bei der Anschlussfinanzierung nicht unnötig viel für die nächste Festzinsperiode zu bezahlen.

Quelle: Handelsblatt